Brigitte
„Zu Beginn meiner Therapie war ich mit einem Mann zusammen, mit dem es andauernd Stress und Streit gab. Das war zwar anstrengend, aber auch irgendwie normal. Die Beziehung meiner Eltern war in meiner Kindheit geprägt von ständigem Streit. Immer wieder drohte die Scheidung. Für meine Mutter sollte ich Ersatz für eine nicht vorhandene besten Freundin sein. Ich musste mir sämtliche Eheprobleme (wie schlecht mein Vater sie behandelt etc.) anhören, während sie gleichzeitig eifersüchtig über die Beziehung zu meinem Vater wachte.
Meine Mutter hatte mir mehr oder weniger unbewusst vermittelt „Männer sind langweilig und interessieren sich nicht für Dich“. Die Lage schien also ohnehin aussichtslos. Was sie aber nicht davon abgehalten hat mir bei jeder passenden und unpassenden Gelegenheit zu sagen:“ Der Mann für Dich muss auch erst noch gebacken werden“.
Im Verlaufe des 1. halben Jahres meiner Therapie merkte ich zunehmend, dass viele Dinge mit denen mein Freund sich beschäftigte, mich langweilten. Ich entwickelte zunächst die Fähigkeit, dieses Gefühl einfach nur zuzulassen und es als mein eigenes Gefühl zu empfinden. Und ich konnte mir das Recht zugestehen, das so zu empfinden. Im weiteren Verlauf war ich dann in der Lage ein eigenes Bedürfnis zu empfinden: Ich wollte wie andere Menschen das Recht haben, eine spannende Beziehung zu führen, die mich erfüllt und weiterbringt.
Auf einmal wurde mir klar, dass Langeweile ein Kernbestandteil der Ehe meiner Eltern war, charakteristisch für Ihre Beziehung, aber nicht grundsätzlich für alle Beziehungen zwischen Mann und Frau. Mein Freund und ich passten also schon von den Grundvoraussetzungen gar nicht zusammen, die Beziehung konnte also gar nicht gut gehen. Das erste Mal machte ich die Erfahrung, dass ich selbst etwas ändern konnte. Wir trennten uns – zu meiner Überraschung ohne großes „Drama“.
Dank meiner neu gewonnenen Freiheit hatte ich endlich das Gefühl, mich entscheiden zu können. Und zwar gegen einen langweiligen Mann und dann vielleicht später für einen spannenden…“